"Allez les Wutz" |
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aufgezeichnet von Manfred Link
Obwohl kein fastnachtliches, doch immerhin ein stolzes Jubiläum darstellend, sollte diese Kampagne etwas Besonderes sein. Leider war sie das dann auch, aber in einer Weise, die wir uns alle nicht gewünscht hatten.
Noch im Mai hatten die Kegler der Schwarzen Elf ihren Ausflug zum Bodensee gemacht und bei herrlichstem Wetter drei schöne Tage dort verbracht. Auch Dieter Mark war dabei und man merkte ihm die eine oder andere Strapaze schon ganz schön an.
Den Auftakt der närrischen Kampagne sollte unser Dieter leider nicht mehr erleben. Von schwerer Krankheit gezeichnet, aber bis zuletzt Optimismus ausstrahlend, verstarb Dieter Mark im Alter von 65 Jahren am 2. 11. 1998.
Für Dieter war die fünfte Jahreszeit mit das Wichtigste im Leben. Er hatte mit vielen einfalls-eichen Büttenreden über Jahre das närrische Volk begeistert und ist ein Teil der Isenburger Fastnachtsgeschichte geworden.
Mitte der 80er Jahre hatte er die Isenburger Sängerknaben ins Leben gerufen und war mit Norbert Engl ihre Kreativabteilung.
Angesichts der Trauer um Dieter Mark hatte sich die Schwarze Elf entschlossen, die Kampagne ohne närrisches Beiwerk zu beginnen.
Auf die sonst üblichen Büttenreden und Tanz-vorführen hatte man deshalb verzichtet. Auch die Karnevalskluft war im Schrank geblieben, ebenso wie der Michi im Sack.
Neben den üblichen Kampagneorden gab es aber doch noch einen Höhepunkt an diesem Abend: Norbert Engl erhielt den "Stern von Isenburg".
Da die Narren der Schwarzen Elf auch der offiziellen Kampagneneröffnung durch den AKVN ferngeblieben waren, holte Werner Krause diese Ehrung nun im Alfred-Delp-Haus nach.
"Seit 1972 steht er nun aktiv auf oder hinter der Bühne der Schwarzen Elf. Seit 1980 ist er im Männerballett aktiv. 1984 war er Mitbegründer der Isenburger Sängerknaben und deren musikalischer Leiter. Er gestaltet Orden, Plakate und Bühnenbilder und ist in vielen Gestaltungsfragen Ansprechstation des Vereins. Ein künstlerischer Tausendsassa, der auch selbst zu Hammer und Säge greift", sagte Werner Krause.
Auch auf eine Weihnachtsfeier wollten wir in diesem Jahr nicht verzichten, freuten sich doch viele der Kleinen schon lang auf das Wiedersehen mit dem Nikolaus (Willi Gehrling).
Schön war dabei, dass auch die Kinder immer wieder ihren Beitrag leisteten, indem sie kleine Stücke oder Vorträge und Lieder einstudierten. Der Dank ging dabei natürlich auch an die Gruppenleiter Katrin Litzenberger und Andrea Ulrich sowie einige der Mütter, die diese Aktionen planten und organisierten.
Mit Pauken und Trompeten geleitete das 1. Fanfarencorps Niederrad den Elferrat und die Gar-den durch den Saal zur Bühne. Es war fast wie beim Lumpenmontag, denn die Elfer hatten sich mit Knollen eingedeckt warfen diese nun in die Menge. Leider war die Vorstellung des Fanfarencorps etwas zu lang geraten.
Unter dem Motto "Allez les Wutz", (auf isseborjerisch "Auf Ihr Wutze" und auf hochdeutsch "Die Sau ist los") stand das Programm der Narrensitzung in diesem Jahr.
Auf der Bühne stand über dem Wappen ganz groß "40 Jahre" und darauf waren wir ganz stolz. Auch die Stadt Neu-Isenburg feierte in diesem Jahr ein großes Jubiläum, nämlich 300 Jahre Bestehen.
Nach dem Auszug des Fanfarencorps und der Begrüßung der Ehrengäste leitet die Tanzgarde mit ihrem Polkatanz das eigentliche Programm ein. Acht Mädchen tanzten unter der Leitung von Jutta Mohr.
Ob der vielen Pleiten, die wir schon mit der Berichterstattung der Presse erlebt hatten, war Vizepräsidentin Gudrun Litzenberger diesmal auf eine tolle Idee gekommen und hatte den Reportern eine richtige Pressemappe mit Informationen vorbereitet (schade nur , dass die Wenigsten Gebrauch davon gemacht hatten), die sich auch trefflich für die Chronik eignet. Was im Folgenden also kursiv abgedruckt ist, kommt aus der Presseinfo unserer Gudrun.
Für das Protokoll schlüpfte Gudrun Litzenberger in ein Kostüm aus der Zeit der Gründung von Neu-Isenburg. Doch zunächst erinnert sie an das kürzlich verstorbene Mitglied der Schwarzen Elf, Dieter Mark. "Dieter, alter Sängerknabe, wir vermissen Dich heut sehr." Doch er sei bestimmt nicht im Grabe, sondern winkt dem Narrenvolk zu, welches seine Lieder singt. "Nein Du lässt uns nicht versauern, fegst hinweg heut jeden Schmerz, denn Du willst nicht, dass wir trauern, lieber Narr mit großem Herz". Dann erinnert sie daran, dass die Gründer unserer Stadt Flüchtlinge waren, die vom Grafen Ysenburg Land und Bleiberecht erhielten. Auch unsere heutigen Politiker der Stadt sollen Ihre "Worzln spürn". "Ob des is der Olli der ja liebt die Haute Cuisine" oder der brave Stadtrat Hunkel, der in aller Frühe für den Hugenottenlauf zum Begrüßen aufsteht oder die Maria Marx, die lieber selbst mitläuft, denn "es zeigt die Bonner Bühne, das hält auch den Joschka fit". "Der bequemste von den alle, ist der dralle Stefan Schmitt (Junge Union), in der Hugenottenhalle macht der nur beim Schunkeln mit."
22 Minikids wirbeln im Sambarhythmus in knall-bunten Kostümen über die Bühne. Selbst die Jüngsten, gerade 4 Jahre alt, zucken gekonnt ihre Schultern. Einstudiert wurde es von den beiden Trainerinnen Katrin Litzenberger und Andrea Ulrich.
Steffen Link zeigt sich als Genie der besten Sorte. Schon die Lehrer waren seine glühendsten Verehrer, drum musst er alle Klassen zweimal machen. "Als Schüler hat man ohne Frage ne miserable Kassenlage". Drum verdingt er sich in diversen Jobs. Als Krankenpfleger hilft er einem Pressemann nachzuempfinden, wie eine Frau die Geburtswehen erlebt: "Ich gab ihm 3 Pfund Sauerkraut mit Rizinus, dass er's verdaut." Es folgt ein Job als Aushilfskellner. Einem Gast, der ihn fragt: "Habbe Sie kalte Rippcher, ohne Brüh?" antwortet er: "Nein danke der Nachfrage, ich hab heut warme Unterwäsche an:" Zum Schluss resümiert er: "Ja als Genie hat man's nicht leicht, denn soweit das Auge reicht, sieht man überall nur Kappe, drum halte ich jetzt meine Klappe."
Ein weiterer Tanz wurde von den Elfchen vorgetragen, die einen hübschen Spitzentanz boten, reizend anzusehen, sauber und akkurat getanzt und mit viel Applaus bedacht. Trainiert wurde diese Gruppe von Ulrike Fröls.
Zum ersten Mal auf der Bühne war Otto Geiß, Landwirt aus Urberach und seit 25 Jahren unser Fahrer des Komiteewagens. Er bekam für soviel Engagement den "Michi an der Nadel", den höchsten Orden der Schwarzen Elf.
Als Solotänzerin begeisterte Heike Döbert die Narren in der Hugenottenhalle. Eine perfekte Darbietung, die von Jutta Mohr einstudiert wurde.
Horst Duhme schlüpft in die Rolle eines Babys und erklärt uns die Welt aus seiner Sicht. Schon die Geburt, meint er, ist für so'n Kleine fürchterlich. " zum Schluss hat man mir noch den Arsch verhauen". Um sich durchzusetzen, hilft nur noch Strategie, dann weiß zum Schluss jeder, wer jetzt der Boss im Haus ist. Um die Verwandtschaft, die sich über die Wiege hängt zu vergraulen, setzt er seine Mittel ein: "Ich bin ja nun keine Dummer, fand Bäuerchen sind große Nummer. Ich muss nur noch spucken üben, treffgenau in 2,3 Schüben." Er beschwert sich über die Windelwechselhysterie, wo seiner Arbeit feuchter Lohn, wird schnellstens entsorgt: Damit ist jedoch nun Schluss, ich schreie jetzt bevor ich muss. Und erst wenn die Pampers wieder frisch und rein, dann drück ich mein Geschäft hinein". Am Ende kommt er zu dem Schluss: "Ich bin halt es schönste Baby in ganz Hesse".
Danach die Isenburger Sängerknaben mit dem "politischen" Teil, zum ersten Mal ohne ihren großen Mentor Dieter Mark. Hermann Frank hatte den Part am Taktstock übernommen. Auch wenn es an mancher Stelle noch etwas unrund lief, machte das Publikum mit und spendete freudig Applaus. Vermisst wurde Erwin Hofmann, der an diesem Abend erkrankt war.
Die 2 Schlappmäuler, Regina Schmidt und Petra Holzmann, tratschen über die Männer, den Alltag und das Leben überhaupt. Mariechen trifft einen super gut aussehenden Schwarzen in der Fußgängerzone, der mit ihr flirtet und sie dann fragt: Na Süße, kommste mit mir nach Hause?" Doch sie ging nicht mit, denn: Biste verrückt? Was soll ich denn in Afrika?" Männer sind in ihren Augen wie Luftballons: Hohl un uffgeblase un ständisch uffm Abfluch. Auch über den Fußball haben sie etwas zu sagen. Die Flaschen im Weinkeller, den Babett neulich besichtigt hat, waren jede ein Vermögen wert. "Ja, wie in der Bundesliga" meint Mariechen. Die Eintrachtspieler würden jetzt mit 100 Sache durch Frankfurt fahrn, damit se wenigstens in Flensburg Punkte kriege.
Die Maxis zeigten einen Polkatanz, schnell und präzise ausgeführt. Ein Tanz, wie sich das Publikum ihn wünscht, zehn hübsche junge Mädchen auf der Bühne die ihr Hobby beherrschen. Einstudiert wurde auch dieser Tanz von Jutta Mohr, die aber von Stefanie Hehn und Silke Mickley unterstützt wurde. Anschließend bekam Leander (Leo) Appel das Goldene Vlies verliehen.
Licht aus, Spot an! Die Show der 70er beginnt fetzig mit den Village People und ihrem "YMCA". "Eine Liebe ist wie ein neues Leben" schmettert Dieter Thomas Kuhn mit Blondhaarperücke und Brusttoupet. Natürlich dürfen Abba nicht fehlen oder Elton John mit seinem Krokodil. Wenke Myhre hat ihr eigenes knallrotes Gummiboot mitgebracht und Jürgen Drews sein Bett im Kornfeld. Gewaltig die Weather Girls mit Raining Man, der absolute Höhepunkt ist Cher (alias Wolfgang Paul, Sitzungspräsident) im silbernen Fischschwanz und 12mm Absätzen. Bei den Les Humphries Singers wippt jeder im Takt mit und am Ende bei Hands up macht wieder der ganze Saal mit.
Endlich konnte auch das Prinzenpaar auf der Bühne begrüßt werden, das eigentlich schon viel früher erwartet worden war und das Programm ganz schön durcheinandergebracht hatte. Daher musste Präsident Wolfgang Paul auch im Divakostüm die Gäste begrüßen. Prinzessin Gisela I. von der Vielseitigkeit und Prinz Herbert I. von der Sängerhochburg, begleitet von Prinzenbegleiter Walter Bechthold und Standartenträger Daniel, vergab ihre Orden an Wolfgang Paul, Gudrun Litzenberger, Reinhold Hehn und Norbert Engl.
Uta Hehn bekam danach das Goldene Vlies aus den Händen von Franz Holick und darf sich fürderhin "Freifrau Uta I, die still wirkende Kraft vom sahnigen Heringstopf" nennen.
Mit dem Männerballett geht es in die Welt von Winnetou und seinen Freunden. Sam Hawkins ist an den Marterpfahl gefesselt, Old Shatterhand, der ihn befreien möchte, wird auch gefangengenommen. Der Medizinmann tanzt beschwörend um die Beiden. Das ganze Dorf freut sich, nur Nschoo-Tschi ist traurig. Sie liebt die beiden weißen Männer. Endlich naht der große Winnetou und fordert die Befreiung seines Blutsbruders und seines Freundes. Der Medizinmann wird überwältigt und an den Marterpfahl gebunden. NschooTschi fällt glücklich in die Arme von Sam Hawkins. Am Ende tanzen alle froh über den guten Ausgang den alten lndianertanz: "Hurra wir leben noch". Einstudiert wurde dieser Tanz von Martina Liedtko.
Eine weitere Ehrung mit dem Goldenen Vlies wurde Karl Gress zuteil, der den Titel : ‚Ritter Karl II. der begnadete Taunustiroler vom maskulinen Ensemble' erhielt. Wolfgang Paul brachte danach einen Vortrag als "Mallorca Urlauber".
Die Tanzgarde (14 Mädchen) unter der Leitung von Ina Paul bezauberte das Publikum zur Musik aus Peter Pans "Flight to the Neverland" in weißen und apricot farbenen Kostümen.
Pfarrer Norbert Bachus ließ es sich nicht nehmen, noch einmal in die Bütt zu steigen, um sich mit dem Eintrachtfan, Martina Liedtko, zu streiten, ob nun die Kickers oder die Eintracht die bessere Mannschaft seien. Dabei wurden sogar die aktuellen Begegnungen (die letzte am Nachmittag) der beiden Mannschaften heftig diskutiert. Nicht nur das Publikum spaltete sich in 2 Lager. Auch der Elferrat bezog Position, Trikot der Kickers oder der Eintracht wurden übergezogen und Fahnen geschwenkt. Jeder El-fer war so mit dem Herz bei seiner Mannschaft, dass man zwischendurch befürchten musste, es käme auf der Bühne zu Ausschreitungen. Die Fangesänge "Steht auf, wenn Ihr Adler seid" oder Heja, heja OFC" wurden inbrünstig mitgesungen.
Das Publikum war nun so richtig heiß gemacht und da fiel es den Isenburger Sängerknaben nicht schwer, an diesem Punkt fortzufahren. Mit ihren bekannten Liedern konnten sie die Narren im Saal mühelos zum Finale führen. Die mehr als 100 Mitwirkenden an dieser Veranstaltung versammelten sich noch einmal auf der Bühne und mit den Klängen des "Lumpenmontags" begann der große Auszug durch den Saal.
Tagelang blickten die Aktiven der Isenburger Fastnacht bange auf das Thermometer, verfolgten gespannt die Wettervorhersagen, sehnten den Segen von Jokus und Petrus für ihren Zug herbei - und wurden belohnt. Satt des ursprünglich prophezeiten Schmuddelwetters ließ sich zum Lumpenmontag sogar die Sonne blicken und die Quecksilbersäule stieg über die Null-Grad Grenze. Gute Voraussetzungen also für den Zug. Die "Offiziellen" der Stadt, wie Bürgermeister Oliver Quilling und Stadtverordnetenvorsteher Walter Norrenbrock gingen aus Anlass des 300 jährigen Bestehens der Stadt Neu-Isenburg in historischen Kostümen im Zug mit.
Die Schwarze Elf hatte das Stadtjubiläum mit ihrem eigenen (40 Jahre) verknüpft und den Elferratswagen entsprechend gestaltet.
Wie immer war das Heringsessen im Alfred-Delp-Haus mehr ein Höhepunkt als ein Ausklang der Kampagne. Mit Günter Marx, Horst Duhme und Pfarrer Norbert Eisert stiegen so hochkarätige Redner in die Bütt, dass der Abend recht kurzweilig wurde. Klar, dass auch die letzten Orden noch verteilt wurden und dass das Prinzenpaar noch einmal zu Besuch kam. Mit den Sängerknaben konnte dann noch einmal so richtig die "Post abgehen" vor der langen Durststrecke bis zum nächsten 11.11.